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  • AutorenbildNoëmi

"Komm, wir gehen Eis essen..."

"Komm, wir gehen Eis essen..." Heute war es über 40 Grad heiss, da kam mir ein Eis gerade recht. Ein Eis essen gehen, geht eigentlich ganz schnell, oder? Ich stellte mich auf einen kurzen Ausflug ein, aber es kam ein wenig anders: Kurz nach 18 Uhr beschlossen wir ein Eis essen zu gehen. Nur ein Eis essen. Auf dem Weg dahin fuhr aber im Kreisel ein junger Mann mit seinem Auto in uns hinein. Super, dachte ich mir. Jetzt geht es wohl etwas länger. Wir fuhren an den Strassenrand und stiegen aus. Es wurde diskutiert, aber alle blieben erstaunlich ruhig. Wahrscheinlich auch, weil es nur einige Kratzer und eine Beule in unserem Auto hatte. Ich habe nicht viel verstanden von der Konversation aber beide telefonierten immer wieder. Wir warteten auf den Vater des anderen Fahrers, und das dauerte eine Weile. Mittlerweile wurde spekuliert, wie viel es wohl kosten würde, den Schaden zu reparieren. Polizei tauchte keine auf. Als der Vater dann endlich eintraf, begutachteten die drei erneut den Schaden. Es wurde wieder über irgendetwas diskutiert, dann hiess es plötzlich Einsteigen und irgendwo hin fahren. Schliesslich endete unsere Fahrt bei einem Automechaniker (zumindest nehme an, dass er einer war, denn es war keine Garage, sondern ein ganz normales Haus). Auch er begutachtete den Schaden und meinte, es koste 1000 Bolivianos, was ca. 140 Franken entspricht, den Schaden zu reparieren. Im Nachhinein erfuhr ich, dass der Mann, der in uns gefahren ist (oder sein Vater) die ganzen Kosten für die Reparatur übernehmen. Ich denke, so sparen sie eine Menge Kosten, wenn alles ohne Polizei und Versicherung abläuft. In Bolivien funktioniert das, und wenn alle einverstanden sind, warum nicht? Unser Auto ist immer noch fahrbar und wir müssen es morgen zur Reparatur bringen. Also fuhren wir ins Zentrum in die Eisdiele und ich bekam mein Eis. Ein riesiger Eisbecher mit diversen Früchten und Kokosstücken garniert. Es war super lecker und sehr erfrischend. Anschliessend gingen wir auf den Platz vor die Kathedrale und warteten auf ein paar Freunde, die noch vorbei kommen sollten. Und da hier Pünktlichkeit nicht so gross geschrieben wird warteten wir eine ganze Weile. Zuerst war es eine Person, dann waren wir plötzlich zu fünft. Es wurde viel geredet und gelacht und ich wurde in die Konversationen einbezogen, sodass ich mein bisher gelerntes Spanisch unter Beweis stellen musste. Da sie langsam redeten, ging es einigermassen und mit Hilfe von Händen und Füssen sowie ein paar Brocken Englisch schaffte ich es, mich zu Verständigen. Plötzlich wurde ich aufgefordert, ein Stück zu rutschen, dass es Platz zwischen den zwei Frauen neben mir gab. Die eine, etwas ältere packte in ein Tuch eingewickelte Tarot Karten aus und legte sie für die andere Frau... Mitten auf dem Platz, auf einer Parkbank. Wieso auch nicht..? Ich verstand kein Wort, was sie aus den Karten las und unterhielt mich daher mit den zwei anderen. Etwas später verabschiedeten wir uns und beschlossen, noch etwas zu Essen und das Tennismatch von einem Bolivianer gegen Rafael Nadal zu schauen. Wir brachten den einen Kollegen nach Hause und gingen in ein Restaurant, wo Liveübertragungen von den Australian Open auf dutzenden Bildschirmen lief. Es ist das erste Mal überhaupt, dass ein Bolivianer an den Australian Open ist, dementsprechend voll war es auch. Mein Kollege hatte keine Ahnung von Tennis, denn hier ist Tennis nur für die reichen Leute. Also zeichnete ich auf einer Serviette das Spielfeld auf und versuchte zu erklären, wie gespielt und vor allem wie gezählt wird. Gar nicht so einfach das zu erklären. Jedenfalls jubelten die Leute im Restaurant bei jedem Punkt, den der Bolivianer gewann, als ob er das Speil gewonnen hätte. Die Atmosphäre war ziemlich beeindruckend. Nach dem ersten Satz und ein paar Games im zweiten Satz gingen wir nach Hause, denn es war mittlerweile schon fast 1 Uhr. So wurde aus "komm, wir gehen Eis essen..." ein kleiner Unfall, Eis essen, Freunde treffen, Essen und einen Tennismatch schauen. Tja, so schnell ändern sich Pläne hier und schlussendlich waren wir fast 7 Stunden unterwegs.

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