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  • AutorenbildNoëmi

Eintauchen in eine komplett andere Welt

Ich realisiere es immer noch nicht ganz, dass ich wirklich wieder hier bin. Hier in Bolivien, wo vor 3 Jahren mein grosses Abenteuer begann. Es war kürzer als geplant, doch ein Abenteuer war es auf jeden Fall. Und jetzt bin ich wieder hier. In Santa Cruz de la Sierra. In der Hitze inklusive unglaublich hoher Luftfeuchtigkeit. In Bolivien. Vieles ist dieses Mal ungewisser. Ich weiss, was ich im Januar und im Februar machen werde, und der Rest wird sich dann ergeben. Ich habe einen Plan, doch Pläne ändern sich hier schnell. Ich lasse mich einfach überraschen. Doch von Beginn an:

Mit was ich nicht gerechnet hatte, ist, dass am 28. Dezember der Gouverneur von Santa Cruz de la Sierra gewaltsam festgenommen und nach La Paz in Untersuchungshaft gesteckt wird. Daraufhin gab es in Santa Cruz Strassenblockaden, Proteste und Krawalle. Und genau dorthin wollte ich gehen. Na super, schon wieder Komplikationen. Das machte es mir irgendwie noch schwerer zu gehen, denn was würde ich in Santa Cruz antreffen? Ich hatte keine Lust auf Krawalle und Strassenblockaden. Und wenn ich etwas hasse, dann ist es das Tschüss sagen, mich zu verabschieden von geliebten Menschen. Also fiel es mir dieses Mal schwerer, zu gehen. Doch ich hatte es mir so lange gewünscht, dass ich zurück nach Bolivien könnte, um meinen Sozialeinsatz zu machen. Und die Tickets waren gekauft. Also stieg ich schweren Herzens in den Flieger. In Santa Cruz angekommen schlug mir schwüle Hitze entgegen. Juhu, mein absolutes Lieblingswetter.. Die Schwester eines Freundes holte mich am Flughafen ab, damit ich bei ihnen für eine Nacht bleiben konnte. Was ich da noch nicht wusste war: Es würde mehr als eine Nacht werden. Aber dazu später. Glücklicherweise ist mein Spanisch etwas besser geworden und so konnte ich mich mit ihr ohne grössere Probleme unterhalten, trotz des speziellen Dialektes hier. Sie brachte mich zu ihrem Haus und wir mussten einmal umdrehen, weil Krawalle in diese Richtung, in die wir fuhren, waren. Wir erreichten aber ohne grössere Probleme das Haus. Am Tag soll es hier ganz normal sein, bis auf die ausgebrannten Autos etc. an den Orten wo es Krawalle gab. Hoffentlich ist es so! Mir wurde mein Zimmer gezeigt. Oje. Ich musste eine Ansprüche etwas runterschrauben. Die Mückennetze waren defekt (die Mücken wird’s freuen), in der Wand war ein Loch, es hatte in allen Ecken Spinnweben (zum Glück habe ich bis jetzt noch keine Spinne gesehen), der Boden war mit Karton geflickt und das Bett war ziemlich hart. Und dann kam dazu diese Hitze selbst um 23:00 Uhr noch.. Wie sollte ich da schlafen? Ich war aber so müde, dass ich doch irgendwie einschlief. Ich wachte aber immer wieder auf, zum einen vom Lärm der Strasse (Ich bin ein Landei und mir das nicht gewöhnt), zum anderen von dem Knallen der Böller und Feuerwerkskörper der Proteste & Krawalle (zum Glück meist relativ weit weg). Und dann war da noch dieser Hund, der immer wieder die Tür zu meinem Zimmer aufmachte, reinkam und schwer schnaufend unter meinem Bett einschlief. Am Morgen war dann auch noch eine Katze in meinem Zimmer. Guten Morgen! Ich hatte auf dem Handy eine Nachricht von meiner Gastfamilie, die mich eigentlich mit nach Cochabamba nehmen sollte. Sie teilten mir mit, dass wir nicht mit dem Bus fahren können wegen den Strassenblockaden und somit den Flieger nehmen müssen. Super, fängt ja gut an. Dann bekam ich lange keine Antwort mehr und ich hatte keine Ahnung, wann es für mich weiter ging nach Cochabamba. Hoffentlich bald, das Wetter hier halte ich nicht aus und ich weiss nicht, wie sich die ganze Lage hier entwickelt. Sie haben bereits in Cochabamba mit Demonstrationen angefangen. Ich blieb den ganzen Morgen im Zimmer, ich war zu fertig nach dieser Nacht und von der Hitze. Fürs Mittagessen gingen wir in ein Lokal, in dem vorwiegend Einheimische assen, doch das Essen war relativ normal und gut. Das heiterte mich etwas auf. Am späteren Nachmittag erreichte mich dann endlich wieder eine Nachricht meiner Gastfamilie. Sie würden am Donnerstag nach Cochabamba fliegen, ich solle mir doch auch ein Ticket für den selben Flug kaufen. Das mussten sie mir nicht zweimal sagen. Ich wollte weg hier. Ausserdem gingen die Tickets weg wie heisse Weggli, da viele Strassen blockiert wurden. Ich hatte aber Glück und bekam noch ein Ticket. Und so wurde aus einer Nacht drei Nächte. Doch ich werde es überleben :). Am Abend gingen wir ins Stadtzentrum um Znacht zu essen. Dort war es tatsächlich relativ ruhig. Man sah vereinzelt Personen mit der Flagge von Santa Cruz, die von den Protesten kamen. Wir gingen zuerst noch zum Hauptplatz, der voll mit Millionen von Lichtern war. Kein Baum war ohne Lichterketten und es hingen überall Kugeln, Engel und vieles mehr aus Lichterketten. Und jede Lichterkette machte Musik. Von Jingle Bells bis Rudolph the red nosed rendeer war alles dabei. Etwas zu kitschig für meinen Geschmack, aber das ist hier normal. Das schrägste vom ganzen Tag sah ich aber beim Znacht. Wir waren in einem Restaurant und sassen mit Blick auf die Strasse. Dort hatte sich ein Piercer aufgebaut und machte mitten auf dem Trottoir den Leuten Piercings. Das regt den Appetit nicht gerade an. Mir wurde aber erklärt, das sei hier normal, dass man sich ein Piercing auf der Strasse stechen kann (auch wenn es eigentlich verboten ist, aber die Polizei kontrolliert auch nicht immer). Ab 20 Bolivianos ist man dabei. Das sind umgerechnet ungefähr 3 Franken. Na ja. Ich werde es nicht machen, doch der Mann hatte rege Kundschaft. In der Stunde die wir da waren, hat er sicher drei Piercings gemacht und 5-6 Piercings verkauft. Langsam beginne ich zu realisieren, dass ich in einer komplett anderen Welt bin hier.


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