Der öffentliche Verkehr in Bolivien ist logischerweise nicht annähernd so gut wie in der Schweiz, aber trotzdem erstaunlich gut. Der günstigste Weg, um grosse Distanzen zu bewältigen, ist der Bus. Viele Busse fahren über Nacht und sind erstaunlich komfortabel. Sie sind doppelstöckig und haben nur drei Sitze pro Reihe. Dadurch hat man viel Platz. Die Sitze sind bequem und lassen sich weit nach hinten verstellen (ca. 170°). Dazu kann man vom Sitz vorne eine Art Brett für die Füsse hinunterklappen. Viel bequemer als in einem Flugzeug und es lässt sich sogar schlafen. Man sollte aber immer eine Jacke oder eine Decke dabei haben, denn von heiss bis Durchzug und kalt ist auf jeder Busreise alles dabei. In jedem Bus, in dem ich gefahren war, hatte es einen grossen Fernseher vorne, oder kleine oben im Gang. Dort drauf wird meistens ein Film abgespielt. Und das in einer ziemlichen Lautstärke..
Ich war aber trotzdem positiv überrascht, als ich die Busse sah. Natürlich sind das die teureren Busse und es gibt auch Reisebusse, in die würde ich nicht unbedingt einsteigen.
Die Strecke von Cochabamba nach Santa Cruz beispielsweise ist ca. 480 Kilometer lang und man benötigt dafür ungefähr 11 Stunden. Warum so lange? Bolivien liegt zu einem grossen Teil nahe an- oder in den Anden, und so gibt es praktisch keine Autobahnen. Von Cochabamba, 2'500 Meter über Meer, geht es auf knapp 400 Meter über Meer hinunter nach Santa Cruz. Die Strasse gleicht oft einer Passstrasse und ist sehr kurvig. Ein Ticket für die 11 Stunden Fahrt kostet zwischen 10 und 15 Franken. Die selbe Strecke kann man natürlich auch mit dem Flugzeug zurücklegen, was nur 45 Minuten dauert. Es kostet aber deutlich mehr, zwischen 30 und 50 Franken normalerweise. Das kann in Bolivien schon Mal viel Geld sein. Mit Bussen kommt man hier aber auch über Landesgrenzen. So kann man von Bolivien zum Beispiel direkt ans Meer nach Chile fahren, was ungefähr 24 Stunden dauert. Das macht den Bus zu einem populären Fortbewegungsmittel. Das Gefühl für Zeit bei Reisen ist hier in Bolivien allerdings ein komplett anderes. Wenn hier eine Busfahrt 5-6 Stunden dauert, dann ist das relativ kurz. Muss ich aber in der Schweiz drei Stunden Zug fahren, ist das für mich ziemlich lang.
In den Städten gibt es ein ziemlich einzigartiges System, das ich bis jetzt noch in keinem anderen südamerikanischen Land gesehen habe. In anderen Ländern gibt es Stadtbusse, ähnlich wie bei uns. In Bolivien habe ich aber nur in La Paz solche Busse gesehen, und das auch nur im neuen, reicheren Teil. Hier in Bolivien gibt es Micros, Minibusse und Trufis. Wie Bitte? Tja.. Micros sind Microbusse und Trufis sind normale Autos, die umgebaut werden, damit 9 Personen (inklusive Fahrer) Platz finden. Das bedeutet, es quetschen sich vorne zwei Personen neben den Fahrer, hinten hat es eine Bank, auf die sich drei weitere Personen quetschen und ganz zu hinterst hat es ebenfalls noch einmal Platz für drei Personen. Wenn das Trufi voll ist, ist es ganz schön eng und wenn man wie ich eher gross ist, kann man manchmal kaum gerade sitzen. Man hat so gut wie keinen Platz für die Beine und rammt sie der vorderen Person in den Rücken, oder die Haltegriffe sind genau dort, wo mein Kopf ist. Ich war einmal in einem Trufi mit 12 Personen. 9 Erwachsene und drei Kinder auf dem Schoss ihrer Mütter.
Die Trufis und Micros haben keine festen Haltestellen. Es gibt diverse Linien, die Nummern haben. Um nach Hause zu fahren brauche ich beispielsweise das Trufi 103. Dort gibt es aber auch noch unterschiedliche Linien und ich muss die Tafeln mit den Anschriften an der Windschutzscheibe beachten. Dort muss in meinem Fall «Temporal» stehen. Manchmal haben die Trufis so viele Tafeln hinter der Windschutzscheibe, dass man kaum noch hinaus sieht. Die Trufis haben eine feste Route, die sie von A nach B abfahren und man kann irgendwo auf dem Weg einsteigen und irgendwo wieder aussteigen. Man stellt sich also einfach an den Strassenrand, wartet bis das richtige Trufi kommt und winkt es zu sich. Wenn man aussteigen möchte, sagt man es dem Fahrer und er fährt rechts ran. Vor- oder nach dem Aussteigen gibt man dem Fahrer entweder 1.50 oder 2 Bolivianos (ca. 25 Rappen). Steigt man aber in ein grösseres Micro ein, muss man schon beim Einsteigen bezahlen. Irgendwann hat man den Dreh raus :). Ein simples, aber wie ich finde, ein super System.
Es gibt in Cochabamba sogar eine App fürs Handy, die einem anzeigt, welches Trufi einem ans Ziel bringt. Es gibt unendlich viele Routen und gerade am Anfang war ich sehr froh um diese App.
Die Micros und Trufis gibt es in allen Formen und Farben. Zum Teil sind die Autos so alt, dass man das Gefühl hat man fliegt, wenn sie mit 50 Km/h fahren. Andere sind moderner und komfortabler. Ganz speziell sind die Micros in Cochabamba, die kunterbunt bemalt sind und in den 70ern von Mexiko importiert wurden. Und ja, sie fahren immer noch. Bestimmt nicht das Beste für die Umwelt, aber irgendwie doch erstaunlich, dass die Dinger immer noch fahren.
In Cochabamba gibt es seit 2 Jahren auch eine Strassenbahn. Allerdings gibt es bloss eine Strecke und die Leute nutzen sie kaum, denn es ist teurer und langsamer als ein Trufi.
Dann gibt es natürlich auch Taxis. Das sind ebenfalls normale Autos, nur haben sie auf der Windschutzscheibe einen kleinen Aufkleber auf dem «TAXI» geschrieben ist. Sie sind teurer als ein Trufi, aber immer noch viel günstiger als in der Schweiz. Eine halbstündige Fahrt kostet ungefähr 10 Franken.
Uber gibt es auch in Bolivien, und hier gibt es zusätzlich noch InDrive. InDrive funktioniert ähnlich, nur kann man selber einen Preis angeben, den man bezahlen möchte und bekommt dann Angebote von Fahrern und kann sich jemanden aussuchen.
Es gibt sogar einen Zug in Bolivien, doch den habe ich nie zu Gesicht bekommen. Was die Leute so erzählen ist, dass er teuer und ebenfalls langsam ist. Für die Strecke von Oruro nach Uyuni beispielsweise benötigt man mit dem Bus ungefähr 4 Stunden. Mit dem Zug sind es fast doppelt so viele Stunden.
Es gibt also in Bolivien einige Möglichkeiten, sich fortzubewegen und ich habe vor allem die Trufis sehr ins Herz geschlossen. Die langen Busfahrten werde ich hingegen nicht unbedingt vermissen.
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